21.08.24

Landtagswahl in Brandenburg 2024

Unsere Wahlprüfsteine

Am 22. September 2024 wird in Brandenburg ein neuer Landtag gewählt. 


Frage 1

Beabsichtigte Schwerpunkte

Bitte benennen Sie die beabsichtigten Schwerpunkte der Justizpolitik Ihrer Partei in der kommenden Legislaturperiode und legen dar, welche Konzepte und Idee Sie für die kommende Legislaturperiode zur Wahrung und Stärkung des Justizstandortes Brandenburg haben.

Unser Schwerpunkt ist eine leistungsstarke, zukunftsfähige und bürgernahe Justiz, die einen wirksamen Rechtsschutz sichert. Hierfür wollen wir alle bestehenden Justizstandorte erhalten und den aufgabenbezogenen Stellenaufwuchs fortsetzen.

Für eine größere Bürgernähe soll das Instrument der Gerichtstage ausgeweitet werden.

Unser Hauptanliegen in der Justizpolitik ist und bleibt die grundsätzliche Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit. Damit einher geht eine angemessene und wettbewerbsfähige Besoldung. Außerdem sollte eine weitergehende Aufstockung der Personaldecke der Richterschaft selbst erfolgen. Gleiches sollte aber nicht auf die Richterschaft bzw. Staatsanwaltschaft beschränkt bleiben, sondern auch für Rechtspfleger und Geschäftsstellen gelten.

Aktueller Schwerpunkt gerade im Hinblick auf die Schwierigkeiten beim „ BeA", ist für uns der Bereich der „E Justice“. Hier möchten wir nach wie vor an unserem Ziel eines „papierlosen Gerichtssaales“ festhalten.

Nicht unerwähnt bleiben darf der Bereich des Justizvollzuges. Hier wollen wir durch die Entwicklung neuer und attraktiver Formen der Personalgewinnung die dringend notwendigen Stellen im allgemeinen Vollzugsdienst besetzen. Darüber hinaus beabsichtigen wir, im Bereich des Justizvollzugs moderne Resozialisierungskonzepte zu entwickeln, um die Chancen der brandenburgischen Strafgefangenen zu erhöhen, sich nach Verbüßung ihrer Strafe in die Gesellschaft zu integrieren.

Ein handlungsfähiger Staat ist auch ein gut funktionierender Rechtsstaat. Um den Rechtsstaat im Land Brandenburg weiterzuentwickeln, haben wir uns viel vorgenommen. Wir werden erstmals ein einheitliches und transparentes Justizgesetz für das Land Brandenburg schaffen. Zudem wollen wir vorbeugende Maßnahmen zur Stärkung der Wehrhaftigkeit unseres freiheitlichen demokratischen Rechtsstaates und der Sicherung einer unabhängigen und leistungsfähigen Justiz entwickeln.

Doch der Rechtsstaat ist nur funktionsfähig mit ausreichend qualifiziertem Personal. Deshalb werden wir zusätzliche Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie Personal in den zugehörigen Geschäftsstellen und bei der Rechtspflege einstellen. Wir wollen die Ausbildung der Gerichtsvollzieher modernisieren und die Zahl der Ausbildungsplätze im Rahmen des juristischen Referendariats mindestens beibehalten. Zudem werden wir die Justiz mit modernen technischen Mitteln ausstatten, um im Bereich von Massenverfahren wie dem Fluggastrecht zügig arbeiten zu können.

Eine unabhängige, bürger*innennahe, zukunftsfähige und gut ausgestattete Justiz bildet das Herzstück unseres Rechtsstaats und liegt uns daher sehr am Herzen.

Die wichtigste Aufgabe besteht darin, die gesamte Justiz weiter gut mit Personal auszustatten. In der zurückliegenden Legislaturperiode haben wir viele neue Stellen geschaffen und mit Personal besetzt. Dies gilt es angesichts der anstehenden Pensionierungen fortzusetzen.

Dazu ist die Justiz als Arbeitgeberin noch attraktiver zu machen. Neues Personal soll gewonnen, schon bestehendes Personal aber auch gehaltenwerden. Die Zukunftskonferenz Justiz, die wir angeregt haben und auf unser Betreiben hin in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde, hat dazu viele Anregungen gegeben, die es gilt weiter aufzugreifen und voranzutreiben. Ein großes Ziel ist die weitere Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Einen weiteren Schwerpunkt bildet der weitere Ausbau der Digitalisierung der Justiz. Hier wurden auch mit Hilfe des Zukunftsinvestitionsfonds, welcher ebenso durch uns Bündnisgrüne angestoßen wurde, große Fortschritte erzielt. Diese gilt es nun weiter auszubauen. Neben der weiteren sukzessiven Einführung der eAkte in allen Gerichtsbarkeiten denken wir an die Möglichkeiten des digitalen Zugangs zu den Gerichten und entsprechende digitale Möglichkeiten der Prozessführung an allen Gerichten.

Im Strafvollzug setzen wir weiter auf Resozialisierung und eine Politik der umfassenden Vorbeugung von Gewalt, insbesondere bei Jugendlichen.

Um den Schutz der Opfer von Gewalttaten nachhaltig zu stärken, wollen wir die Stelle „Opferschutzbeauftrage*r des Landes” einrichten, wie es sie in allen anderen Bundesländern bereits gibt.

DIE LINKE wird sich auch weiterhin für eine unabhängige und gut ausgestattete Justiz in Brandenburg einsetzen. Wir werden alle Gerichtsstandorte erhalten und wollen weitere Zugänge zur Justiz durch Justizbüros mit elektronischem Zugang schaffen. Grundlage dafür ist eine erfolgreiche Digitalisierung und Einführung der e-Akte in allen Gerichtsbarkeiten. Wir wollen die Arbeitsgerichtsreform bzgl. der Entscheidung zum Arbeitsgericht Potsdam rückgängig machen. Gerichtstage sollten aus unserer Sicht auch in anderen Gerichtsbarkeiten ausgebaut werden. Digitale Verhandlungsmöglichkeiten und Protokollierungen wollen wir flächendeckend in allen Gerichtsbarkeiten einführen, auch um traumatisierten Opfern Mehrfachvernehmungen zu ersparen. Wir wollen die Selbstverwaltung der Justiz stärken und das Weisungsrecht gegenüber den Staatsanwaltschaften abschaffen. Bei Neueinstellungen in allen Bereichen wollen wir nicht ausschließlich auf gute Examensergebnisse, sondern auch auf Diversität, Lebenserfahrungen und soziales und ehrenamtliches Engagement achten. Die Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen in Justizvollzugsanstalten wollen wir soweit als möglich zurückfahren, durch verbesserte soziale Intervention, auch durch die Abschaffung von typischen Armutsdelikten wie Erschleichen von Leistungen, § 265 a StGB. Wir wollen eine Opferbeauftragtenstelle einrichten, die als Koordinierungsstelle alle zivilgesellschaftlichen Angebote vernetzt und als Ansprechpartner für Betroffene fungiert.

An der Gesetzeslage sind aus unserer Sicht keine großartigen Änderungen notwendig. Ein korrektes Ausschöpfen der gesetzlichen Möglichkeiten sollte die meisten Bedürfnisse der Gesellschaft erfüllen. Allein im Bereich der Besetzung der Richterämter sollte ein besserer Schutz der Unabhängigkeit des Richteramtes, vor allem im Bereich des Verfassungsrechtes, geschaffen werden. Polen und Ungarn sind da warnende Beispiele. Ein Verfassungsgericht von "Regierungs Gnaden" sollte unbedingt verhindert werden.

Unsere Schwerpunkte:

Digitalisierung und Modernisierung: Die Einführung moderner Technologien und digitaler Prozesse sowie die Verbesserung der digitalen Infrastruktur in den Gerichten und Staatsanwaltschaften, kann die Effizienz und Attraktivität der Justiz erhöhen. Dies umfasst die Digitalisierung von Akten (eAkte), die Einführung bzw. Ausbau der Möglichkeiten von Videokonferenzen für Verhandlungen und die Nutzung von KI zur Unterstützung bei der Fallbearbeitung. Brandenburg sollte sich über den Bundesrat dafür einsetzen, dass die Digitalisierung der Justiz auch die Prozessordnungen umfasst, für die der Bund die Gesetzgebungskompetenz hat. Die Prozessordnungen beruhen auf einem überkommenen Prozessbild (Örtlichkeit, Papierakte), wohingegen Digitalisierung bisher auf Übersetzung von Papier in Dateien beschränkt wurde. Echte Digitalisierung darf aber nicht beim Austausch von Papier in PDF Dateien enden.

Attraktive Arbeitsbedingungen: Eine wettbewerbsfähige Vergütung, flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zum Homeoffice können dazu beitragen, qualifizierte Juristen anzuziehen und zu halten. Auch die Schaffung von familienfreundlichen Arbeitsbedingungen ist wichtig.

Nachwuchsförderung: Kooperationen mit Universitäten und juristischen Fakultäten können helfen, junge Talente frühzeitig für eine Karriere in der Justiz zu begeistern. Praktika, Referendariate und Mentoring-Programme sind hierbei zentrale Elemente. Dabei muss insbesondere die Qualität der Ausbildung der Referendar und Referendarinnen in den Justizstationen im Fokus stehen. Hier besteht die Möglichkeit die Referendarinnen und Referendare für einen Beruf in der Justiz zu begeistern.

Weiterbildung und Karriereentwicklung: Kontinuierliche Fortbildungsangebote und klare Karrierepfade können die Attraktivität des Justizstandortes erhöhen. Dies könnte auch die Möglichkeit umfassen, sich auf bestimmte Rechtsgebiete zu spezialisieren oder Führungspositionen zu übernehmen. Regelmäßige Fortbildungsprogramme für Richter, Staatsanwälte und Justizmitarbeiter, um sie auf dem neuesten Stand der Rechtsprechung und Technologie zu halten. Gerade für Juristen in der Justiz sind Weiterbildungen zur Selbstreflexion der eigenen Stellung und zur Psychologie der Entscheidungsfindung und kognitiven Barrieren erforderlich.

Öffentlichkeitsarbeit und Imagepflege: Eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit kann das Image der Justiz verbessern und das Interesse an einer Karriere in diesem Bereich wecken. Informationskampagnen und Tage der offenen Tür können dazu beitragen, die Arbeit der Justiz transparenter zu machen.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Die Förderung der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachbereichen, wie z.B. der Rechtsmedizin, der Psychologie und der Sozialarbeit, kann die Qualität der Rechtsprechung verbessern und den Justizstandort stärken.

Verbesserung der Arbeitsbedingungen: Maßnahmen zur Reduzierung der Arbeitsbelastung, wie die Einstellung zusätzlicher Mitarbeiter oder die Einführung effizienterer Arbeitsprozesse, können dazu beitragen, die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen und Burnout zu vermeiden. Gerade in Brandenburg muss man sich Gedanken darüber machen, inwiefern die Bewerberinnen und Bewerber in der Probezeit über ihren Einsatzstandort mitentscheiden können. Brandenburg als Flächenland ist sonst für Bewerberinnen und Bewerber eher uninteressant, wenn die eigene Lebensplanung nicht mit den jeweiligen Einsatzorten übereinstimmt und man keine Möglichkeit der Einflussnahme hat. Insofern spielt auch die Möglichkeit im Homeoffice und die digitale Aktenstruktur eine große Rolle.

Einführung von Commercial Courts: Einrichtung von speziellen Handelsgerichten (Commercial Courts), die bedeutende Wirtschaftsstreitigkeiten in englischer Sprache verhandeln können, um den Justizstandort international wettbewerbsfähig zu machen.

Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz Maßnahmen zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Justiz, einschließlich der Diskussion über das Weisungsrecht des Justizministers.

Bekämpfung von Hasskriminalität und Extremismus: Verschärfung der Gesetze und verstärkte Strafverfolgung von Hasskriminalität und extremistischen Aktivitäten.

Opferschutz und Opferrechte: Verbesserung der Rechte und Unterstützung von Opfern von Straftaten, einschließlich besserer Schutzmaßnahmen und Beratungsangebote.

Wir setzen uns auf allen Ebenen für die Wiederherstellung der inneren Sicherheit ein, womit untrennbar verbunden die Stärkung der Justiz in sämtlichen Bereichen einhergeht.
Neben der Sicherstellung einer unabhängigen Rechtsprechung ist die Weisungsgebundenheit der Staatsanwälte abzuschaffen (vgl. Antrag DRS 7/682). Die Justiz ist auskömmlich auszustatten sowohl mit Personal als auch technischen Geräten. Die bisherige Berechnung der Stellenbedarfsplanung mittels des sog. PEBB§Y-Systems bedarf einer grundlegenden Überarbeitung, damit u.a. auch bestehende Altfälle binnen eines Jahres abgebaut werden können. Insbesondere in der Verwaltungs-, Sozial-, und Strafgerichtsbarkeit sowie den Staatsanwaltschaften sind kurzfristig zusätzliche Stellen zu schaffen. Die gescheiterte Arbeitsgerichtsreform ist rückgängig zu machen und u.a. der Arbeitsgerichtsstandort Potsdam wieder zu errichten sowie die Zweigstellen Eberswalde und Senftenberg als eigenständige Arbeitsgerichtsstandorte zu betreiben. Der Zentrale IT-Dienstleister der Justiz des Landes Brandenburg (ZenIT) ist -so wie durch den Landesrechnungshof seit langem kritisiert- nicht weiter eigenständig in Konkurrenz mit dem Brandenburgischen IT-Dienstleister (ZIT-BB) zu betreiben.

Der verfassungswidrige sog. Verfassungstreuecheck und die damit verbundene Änderung des Disziplinarrechts ist wieder aufzuheben.


Frage 2

Justizorganisation

Wollen Sie die ministerielle Justizverwaltung aufrechterhalten oder die Einführung / Stärkung der Selbstverwaltung der Justiz unterstützen? Wenn ja, welche Vorstellungen bestehen dazu? Besteht die Absicht, die Gerichtsbezirke zu verändern und/oder Standorte zu schließen bzw. Änderungen an der Fachgerichtsbarkeit vorzunehmen? Wie planen Sie die Zusammenarbeit mit Berlin?

Die für das Gesamtbudget entscheidenden Ressortverhandlungen werden mit dem Finanzministerium geführt und die Mittel von dem Haushaltsgesetzgeber dem Justizressort zugewiesen. Eine Dezentralisierung geht also nicht mit einer Zunahme der Haushaltsmittel einher. Auch wenn eine Selbstverwaltung der finanziellen Mittel durch die örtlichen Justizbehörden reizvoll erscheint, so wäre jedoch ein Verteilungskampf innerhalb der einzelnen Justizbereiche/Gerichte die Folge. Diese mit einer Selbstverwaltung der Justiz eintretenden Folgen sieht die CDU kritisch. Die CDU befürwortet die bisherige Struktur, die sich bisher bewährt hat. Es besteht kein Änderungsbedarf. Wir stehen für eine leistungsstarke Justiz, die einen wirksamen Rechtsschutz und eine konsequente Strafverfolgung sicherstellt und auf aktuelle Entwicklungen reagiert. Wir wollen die Gerichtsstandorte erhalten.

Die organisatorische Struktur der brandenburgischen Gerichte und Staatsanwaltschaften hat sich aus unserer Sicht grundsätzlich bewährt. Gleichwohl könnte sich bei geänderten Rahmenbedingungen, zum Beispiel aufgrund der immer weiter zunehmenden Komplexität der Verfahren, Handlungsbedarf ergeben. Das könnte etwa die Einrichtung weiterer Schwerpunktstaatsanwaltschaften oder die Zuständigkeitskonzentration bei Gerichten betreffen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Schließung von bestehenden Gerichtsstandorten und der damit einhergehende Stellenabbau der Vergangenheit angehören. Die Schließung des Arbeitsgerichts Potsdam war ein Fehler, den wir gern korrigieren würden. Eine Bestandsgarantie für den heutigen Status quo ist geboten, auch um keine Unruhe in die Arbeit der Justizbehörden zu bringen. Die Beibehaltung des Status quo sollte unserer Auffassung nach nicht nur für die Gerichte, sondern auch für die Justizvollzugsanstalten gelten. Neben der Landeshauptstadt Potsdam müssen zugleich auch die Standorte „in der Fläche“ aufrechterhalten, gestärkt und weiterentwickelt werden. Nur so kann das Ziel der Gewährleistung einer bürgernahen Justiz erreicht werden.

Die richterliche Unabhängigkeit ist das höchste Gut unseres Rechtsstaats. Für Gespräche über Modelle, die eine Stärkung der Selbstverwaltung der rechtsprechenden Gewalt beabsichtigen, sind wir offen.

Mit der Überarbeitung des Richtergesetzes sind immer wieder Änderungen aufgenommen worden, die die Mitbestimmung der Justiz ausgeweitet haben und Klarheit in der Frage der Selbstverwaltung und Autonomie der Justiz geschaffen haben.
Unser Ziel ist eine bürgernahe Justiz. Deshalb haben wir nicht die Absicht, Gerichtsstandorte zu schließen. Zudem werden wir im Rahmen der Evaluation der Gerichtstage überprüfen, in welchen Landesteilen die Erreichbarkeit für Bürgerinnen und Bürger noch nicht zufriedenstellend ist und dort nachsteuern. An der bisherigen Struktur der Fachgerichtsbarkeiten werden wir festhalten. Eine
Änderung der Zuständigkeiten ist nicht nur verfassungsrechtlich zumindest fraglich. Durch ihre Spezialisierungen bieten die Fachgerichte auch die Gewähr für eine bürgernahe und schnelle Rechtsprechung. Diese wird von den Bürgerinnen und Bürgern ebenso wie von der Wirtschaft in hohem Maß akzeptiert.

Die Zusammenarbeit im Bereich der Justiz ist mit Berlin intensiv. Beispielhaft sei hierbei das gemeinsame Justizprüfungsamt zu nennen. Diese enge Kooperation werden wir auch in Zukunft fortführen.

Wir haben in den letzten Jahren immer für die Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz und der richterlichen Selbstverwaltung und Selbstorganisation gestritten. Dies wollen wir fortführen und Selbstverwaltung und Selbstorganisation der Justiz weiter ausbauen, u. a. auch die finanzielle Selbstständigkeit. In der letzten Wahlperiode konnten wir dazu den Richterwahlausschuss stärken. Dessen Rechte wollen wir weiter stärken. Sorge bereitet uns in diesem Zusammenhang eine eventuelle Sperrminorität der AfD. Damit diese sich als unwahrscheinlich erweist, ist eine Vertretung möglichst vieler demokratischer Parteien im Parlament erforderlich.

Alle bestehenden Gerichtsstandorte im Land wollen wir erhalten. Das Modell der Gerichtstage, die im Zuge der Reform der Arbeitsgerichtsbarkeit eingeführt wurden, wollen wir weiter ausbauen. Insbesondere mit der Richter*innenschaft, dem Deutschen Richterbund und weiteren Interessensvertretungen wollen wir im Dialog erarbeiten, welche weiteren Standorte sich für Gerichtstage eignen und sinnvoll sind.

Wie unter Frage 1 aufgezeigt, wollen wir die Digitalisierung weiter vorantreiben, insbesondere mit der weiteren sukzessiven Einführung der eAkte in allen Gerichtsbarkeiten und den Möglichkeiten des digitalen Zugangs zu den Gerichten.

Die gemeinsamen Fach- und Obergerichte von Berlin und Brandenburg erachten wir für sinnvoll. Mit den Fachvertretungen, u. a. dem Deutschen Richterbund, wollen wir ins Gespräch kommen, welche Regelungen der Zusammenarbeit sich bewährt haben.

DIE LINKE unterstützt seit jeher die Stärkung der Selbstverwaltung der Justiz. Insbesondere der Einfluss der Exekutive auf die rechtssprechende Gewalt, bspw. durch das derzeitige Beurteilungswesen, ist nach wie vor sehr hoch. DIE LINKE setzt sich seit Jahren für die Herstellung der institutionellen Unabhängigkeit der Justiz ein.

Um dem Grundsatz der Gewaltenteilung höchstmöglich Rechnung zu tragen, könnte die Entscheidung bei Beförderungen und Versetzungen im Wesentlichen durch die jeweilige Gerichtsbarkeit entschieden werden, wobei eine parlamentarische Kontrolle durch den Richterwahlausschuss gewährleistet sein muss.

Wir wollen alle Gerichtsstandorte erhalten, Änderungen an den Fachgerichtsbarkeiten planen wir nicht. Bei den Gerichtsbezirken schließen wir einzelne Anpassungen aufgrund von Einwohnerentwicklungen und Fallaufkommen nicht aus. Auch den Ausbau von Gerichtstagen befürworten wir.

Eine Stärkung der justiziellen Selbstverwaltung wäre prinzipiell zu begrüßen. Allerdings sollte darauf geachtet werden, das keine weitere Bürokratisierung erfolgt. Die Selbstverwaltung der Justiz ist wichtig, um ihre Unabhängigkeit zu gewährleisten. Die Staatsanwaltschaften und Gerichtsbezirke sind jetzt schon überlastet. Es sollte daher berücksichtigt werden, dass die Selbstverwaltung zu einem großen Teil durch die Richterinnen und Richter selbst erfolgt, ohne dass dafür eine Entlastung im Rahmen der Richtertätigkeit erfolgt, das wäre aber ggf. erforderlich bzw. kann eine Ausweitung der Selbstverwaltung nur mit einer massiven Aufstockung von Personal erfolgen. Abgesehen von der Finanzierung müsste derartige Personal erst einmal ausgebildet werden. Es werden viele Mitarbeiter in den nächsten Jahren in Pension bzw. Rente gehen.

In Brandenburg hat in den letzten Jahren schon eine Zusammenlegung von Gerichtsstandorten (z. B. Arbeitsgerichte) stattgefunden. Natürlich ist es schwierig Standorte aufrecht zu erhalten, wo nicht mehr so viele Verfahren laufen, allerdings halten wir eine bürgernahe und wohnortnahe Justiz für wichtig, da es auch Menschen gibt, die nicht so mobil sind und vielleicht den Weg vor das Gericht scheuen, wenn der Weg dorthin weit ist. Es sollte daher genau überlegt werden, welche Gerichtszweige sich für eine Zusammenlegung der Standorte tatsächlich eignen.

Das frühere Ziel eines möglichst gleichen Richter- und Personalrechts in Berlin und Brandenburg sollte wieder in den Fokus genommen werden. Es bedarf wieder eines ständigen Austauschs zwischen den Justizverwaltungen, des Parlaments in Potsdam und dem Abgeordnetenhaus in Berlin. Die Zusammenarbeit mit Berlin könnte durch gemeinsame Projekte und den Austausch bewährter Verfahren gestärkt werden. Berlin hat eine eigene Senatsverwaltung für Justiz, die eng mit anderen Bundesländern zusammenarbeitet. Eine Zusammenarbeit halten wir auch für notwendig und sinnvoll, weil es große Überschneidungen in Wirtschaft und Kriminalwesen bei beiden Bundesländern gibt.

Wir sind für eine unabhängige Justiz und wollen damit einhergehend die Selbstverwaltung der Justiz stärken durch eine erhebliche Verringerung einer politischen Einflussnahme. Dazu gehört u.a., dass Spitzenämter in der Justiz von Wahlausschüssen besetzt werden, die aus Wahlen innerhalb der Justiz hervorgehen. Eine Veränderung der Gerichtsbezirke soll in der Arbeitsgerichtsbarkeit erfolgen als Rücknahme der gescheiterten Arbeitsgerichtsreform durch Wiederherstellung der Standorte in Potsdam, Eberswalde und Senftenberg. An der bisherigen Struktur der Fachgerichtsbarkeiten sehen wir keinen Reformbedarf. Über die bisherigen Formen der Zusammenarbeit mit Berlin in Justizbereich (Justizprüfungsamt, gemeinsame Obergerichte im Bereich der Arbeits-, Finanz- , Verwaltungs- u. Sozialgerichtsbarkeit) sind derzeit keine weiteren Formen der Zusammenarbeit geplant


Frage 3

Richterwahlausschuss

Welche Änderungen am BbgRiG planen Sie? Verfolgen Sie das Ziel, die Zuständigkeit des Richterwahlausschusses auf die „Anstellung“ im eigentlichen Sinne, d. h. erstmalige Ernennung einer Richterin oder eines Richters auf Lebenszeit, zu begrenzen und hierfür Art. 109 der Verfassung des Landes Brandenburg anzupassen? Verfolgen Sie das Ziel, § 22a BbgRiG zu streichen?

Derzeit ist keine Änderungen des brandenburgischen Richtergesetzes geplant. Wir behalten aktuelle Entwicklungen jedoch immer im Blick.

Interessante Vorschläge zur Weiterentwicklung des brandenburgischen Richtergesetzes möchten wir ergebnisoffen diskutieren. Etwaige Anpassungen wollen wir in ein stimmiges Gesamtgefüge für ein konstruktives Zusammenwirken zwischen den Beteiligten einfügen.

Wir wollen vorbeugende Maßnahmen zur Stärkung der Wehrhaftigkeit unseres freiheitlichen demokratischen Rechtsstaates entwickeln. Dazu zählt auch, den Aufgabenbereich und die Arbeitsweise des Richterwahlausschuss zu überprüfen. Klar ist, die Brandenburg SPD bekennt sich zum Richterwahlausschuss als Hüter der Demokratie und der Überparteilichkeit. Zudem überzeugt aus unserer Sicht die praktische Arbeit des Ausschusses in den vergangenen Jahren. Gleichzeitig nehmen wir Bedenken des Richterbundes gegenüber einzelnen Vorschriften wahr. Deshalb haben wir bereits in Gesprächen mit dem Richterbund vereinbart, zu Beginn der neuen Legislatur eine detaillierte Überprüfung des Richterwahlausschusses vorzunehmen.
Diese Verabredung werden wir einhalten.

Der Richterwahlausschuss stellt für uns einen entscheidenden Baustein der richterlichen Unabhängigkeit dar. Dessen Rechte wollen wir weiter stärken. Gleichzeitig werden wir eventuelle Änderungsbedarfe immer ergebnisoffen prüfen.

Wir haben uns in der zurückliegenden Legislatur haben wir uns für seine Stärkung eingesetzt, insbesondere durch eine echte Auswahl und eine persönliche Anhörung bei der Bestellung einer Präsidentin oder eines Präsidenten eines oberen Landesgerichts.

Die Einstellung von Richterinnen und Richter auf Probe wurde nach gründlicher Abwägung in der Hand des Richterwahlausschusses belassen, um diesem ein größeres Gewicht gegenüber dem für die Justiz zuständigen Mitglied der Landesregierung zu geben und die Selbstverwaltung der Justiz zu stärken. Der Mehraufwand ist gerechtfertigt.

Wir wollen den Richterwahlausschuss jedoch auch von fachfremd und ideologisch, vor allem rechtsextremistisch, geprägten Einflüssen und Einwirkungen schützen und prüfen, diesen vor diesen Einwirkungen zu schützen.

Eine Sperrminorität lässt sich durch eine Vertretung möglichst vieler demokratischer Parteien im Parlament, insbesondere starker Bündnisgrüner, verhindern.

Der Richterwahlausschuss hat für uns eine hohe Bedeutung. Der Evaluierungsbericht zum Richtergesetz zeigt aus unserer Sicht keinen akuten Handlungsbedarf auf. Die Gefahr der parteipolitischen oder persönlichen Einflussnahme auf Personalentscheidungen durch den Richterwahlausschuss sehen wir nicht. Auch die bisherige Verfahrensweise im Richterwahlausschuss gibt aus unserer Sicht dazu keinen Anlass. Die Begrenzung der Zuständigkeiten des Richterwahlausschusses sehen wir kritisch. Bei Entscheidungen nach § 22a BbgRiG zeigen aus unserer Sicht die Erfahrungen der vergangenen Jahre, dass hier eine demokratische Beteiligung, auch wenn sie an die Ergebnisse der Bestenauslese gebunden ist, der demokratischen Kontrolle dienen kann. Eine Veränderung des Verfahrens scheint dabei aber möglich, indem vor einem zweiten Wahlgang der Präsidialrat erneut beteiligt wird.

Wir halten die Einflussnahme von Regierung und Parlament angesichts des Erstarken von verfassungsfeindlichen Kräften im Land für zu groß. Insofern wäre eine Anpassung des Art. 109 durchaus sinnvoll. Siehe Kommentar zu Frage 1 (Polen/Ungarn). Denn der Schutz der höchsten Richterämter und ihrer Unabhängigkeit ist eine der Säulen der Demokratie. Vor allem im Verfassungsrecht. Durch die Stärkung der Selbstverwaltung der Justiz kann die Unabhängigkeit der Justiz auch gefördert werden. Änderungen die Effizienz und Transparenz des Richterwahlausschusses erhöhen halten wir auch für sinnvoll, um das Vertrauen in die Justiz zu stärken. Sollte § 22a BbgRiG im Rahmen einer Reform als überflüssig oder hinderlich angesehen werden, könnte er gestrichen werden.

Die Notwendigkeit der Änderungen am Richtergesetz sollten im Rahmen eines durchzuführenden Fachgespräches im Rechtsausschuss erörtert und danach durch Erarbeitung eines gemeinsamen Gesetzentwurfes des Rechtsausschusses im Landtag debattiert werden. Hinsichtlich der Besetzung von Spitzenpositionen setzten wir uns dafür ein, dass diese von Wahlausschüssen besetzt werden, die aus Wahlen innerhalb der Justiz hervorgehen. Daher ist § 22a BbgRiG entsprechend anzupassen.


Frage 4

Personalausstattung

Welches Konzept verfolgt Ihre Partei, um der Pensionierungswelle in allen Diensten der Justiz entgegenzutreten und mit welchen konkreten Maßnahmen wollen Sie erreichen, dass die Justiz auch künftig als Arbeitgeber für Spitzenjuristen in allen Gerichtsbarkeiten bzw. in den Staatsanwaltschaften attraktiv bleibt?

Wir werden die Ergebnisse der Zukunftskonferenz konsequent weiterverfolgen, um so für eine auskömmliche Personalausstattung der Justiz zu sorgen.

Wir werden uns für eine angemessene und wettbewerbsfähige Besoldung aller in der Justiz Beschäftigten einsetzen. Wir wollen leistungsstarkes Personal für Brandenburg gewinnen und Abwanderungen in andere Länder oder andere Berufe verhindern. Berufliche Vorerfahrungen müssen bei der Entlohnung ebenso berücksichtigt werden wie die Übernahme herausgehobener Tätigkeiten. Wir wollen zusätzliche Anreize schaffen, um die Besoldung attraktiver zu gestalten und Leistung zu belohnen. Dazu muss das Besoldungssystem ganzheitlich überprüft werden. Die evident verfassungswidrige Besoldung von Richterinnen und Richtern im Land Brandenburg werden wir beenden.

Uns ist die bestehende Altersstruktur der Beschäftigten in der Justiz bekannt. Bereits in dieser Legislatur haben wir begonnen, mit Neueinstellungen in der Justiz auf die Pensionierungswelle zu reagieren. Diesen Weg werden wir konsequent fortsetzen und werden besonders die nachhaltige Personalpolitik in den Mittelpunkt stellen. Wir sind überzeugt, dass eine nachhaltige Personalentwicklung den öffentlichen Dienst weiterhin als Arbeitgeber für Spitzenjuristen attraktiv macht.

Unsere Justiz ist eine tragende Säule unseres Rechtsstaats. Deshalb müssen wir in sie besonders investieren, um die Abgänge durch Pensionierungen ausgleichen, Personal halten und neues gut ausgebildetes Personal gewinnen zu können. Die Ergebnisse der auch von uns angestoßenen und in den Koalitionsvertrag eingeführten Zukunftskonferenz Justiz haben hier viele zielführende Vorschläge erbracht.

Für die Gewinnung von Nachwuchs und auch erfahrenen Kräften gibt es gute Konzepte. Diese wollen wir weiter ausbauen bzw. neu neuimplementieren.

Wir setzen uns dafür ein, Familie und Beruf besser vereinen zu können. Hierbei seien flexible Arbeitsgestaltung und Arbeitszeitgestaltung genannt.

Die Ausstattung mit modernen Arbeitsmitteln, insbesondere auch digitaler Arbeitsmittel, auf der Höhe der Zeit dient auch dem Ziel der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber auch der Vereinfachung und Verkürzung von Arbeitsprozessen, wie der Beschleunigung oder Abnahme standardisierter Arbeiten und eventueller Verkürzung von Wegen durch Durchführung von Verfahrensterminen auf digitalem Wege.

Eine attraktive und angemessene Vergütung ist wichtig, um Spitzenpersonal zu gewinnen. Entsprechenden Möglichkeiten zu Anhebung der Vergütung wollen wir prüfen.

Wir streiten für ein weltoffenes und zugewandtes Land, aus auf Zuwanderung, Integration und Einhaltung von Regeln setzt. Auch im Bereich der Justiz werden wir auf die Hilfe zugewanderter Menschen angewiesen sein und dabei im Wettbewerb mit anderen Ländern stehen. Wir wollen für diese so attraktiv sein, dass diese Menschen auch zu uns kommen wollen.

Eine Privatisierung von Bereichen der Justiz wie z. B. in den Vereinigten Staaten von Amerika lehnen wir ab.

Wir halten die bestehenden Regelungen zur weiteren Dienstausübung nach dem Erreichen des Pensionsalters derzeit für ausreichend. Einem Wechsel zwischen Ämtern bei den Staatsanwaltschaften und Richterämtern stehen wir kritisch gegenüber.

Viele Punkte haben wir schon bei Frage 1 aufgeführt. Der drohende Fachkräftemangel muss auch dazu führen, dass vorhandene Prozesse und Abläufe hinterfragt und neu gedacht werden. Digitalisierung bietet hier Chancen, insbesondere bei der Nutzung von Datenschnittstellen. Insbesondere der Datenaustausch zwischen bisher getrennt geführten Akten muss verbessert werden (bspw Polizei - Justiz, allgemeine Verwaltung - Gerichte). Bisherige Massen-Papiervorgänge müssen schnell digitalisiert werden (bspw Beihilfe bei Besoldungsstelle, Justizkasse). Es gibt inzwischen ausreichend technische Möglichkeiten, um dies in sicherer Form zu realisieren. Eine Vernetzung der Dienststellen und -einheiten des Brandenburger Justizwesens sollte im Rahmen einer eigenen Infrastruktur (JustizNetz) erfolgen. Der Aufbau eigener Cloud-Dienste ist anzustreben. Verbindungen nach außen sollten in sehr beschränktem Maße erfolgen, um der Bevölkerung Zugang zu Entscheidungen und deren Dokumentation im Rahmen eines zu schaffenden Transparenzgesetzes erfolgen. Eine Reform des Personalwesens, was Ausbildung, Einstellungvoraussetzungen, Weiterbildungen, Karriereentwicklung, Homeofficemöglichkeiten und Salär betrifft, halten wir für unabdingbar, um die Attraktivität des Justizwesens zu erhöhen (siehe auch Anworten auf Frage 1). Gerade in der Anfangsphase müssen neue Richterinnen und Richter und Staatsanwälte besser betreut werden. Ein Mentoring halten wir für sehr sinnvoll, soweit es mit der richterlichen Unabhängigkeit vereinbar ist, also kein Einfluss genommen wird auf die fachliche Entscheidung der Richterinnen und Richter. Gezielte Rekurtierungskampagnen helfen im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft zu bestehen. Diese sollten die Vorteile einer Karriere in der Justiz hervorheben, wie z.B. die gesellschaftliche Bedeutung der Arbeit und die Möglichkeit, einen direkten Einfluss auf das Rechtssystem zu haben.

Wir sind für eine den tatsächlichen Gegebenheiten auskömmlich ausgestattete Justiz, die sich unabhängig von den starren Vorgaben der sog. PEBB§Y-Software sowie starren Pensen-Vorgaben an die realistische Fallbearbeitung anpasst. Diesbezüglich sind bekannte Faktoren wie Pensionierungen als auch Variablen wie Erkrankungen mit zu berücksichtigen. Die Besoldung der Richter und Staatsanwälte sowie des gesamten Justizpersonals ist angemessen anzupassen, um eine Attraktivität aufrecht zu erhalten oder erst herzustellen. Dazu gehört auch die technische Ausstattung der Gerichte und Effizienzsteigerung im Bereich der Kommunikation (aktive Nutzungspflicht der elektronischen Kommunikation für alle Gerichte).


Frage 5

Neueinstellungen

Werden Sie für die nächste Legislaturperiode Neueinsteilungen in den richterlichen Probedienst vornehmen? Wenn ja, für welche Bereiche? Wie viele Neueinstellungen sind Ihrer Meinung nach, in welchen Geschäftsbereichen erforderlich?

Auch in der neuen Legislaturperiode wird es zahlreiche Neueinstellungen geben. Auf Grund der vor uns liegenden Pensionierungswelle werden wahrscheinlich in allen Bereichen Neueinstellungen notwendig sein.

Ja, wir beabsichtigen, in der nächsten Legislaturperiode Neueinstellungen im richterlichen Probedienst vorzunehmen. Besonders wichtig sind hierbei die Bereiche der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit, um den steigenden Anforderungen und der wachsenden Anzahl von Verfahren gerecht zu werden.

Neueinstellungen in den richterlichen Probedienst werden wir auch weiterhin vornehmen. Allerdings wird die konkrete Anzahl von der Ausgestaltung des Personalentwicklungskonzeptes abhängen. Wie bereits dargelegt, ist der Rechtsstaat nur funktionsfähig mit ausreichend qualifiziertem Personal, sodass Neueinstellung grundsätzlich in jedem Bereich notwendig werden könnten. In welchem Umfang und in welchen Bereichen die Neueinstellungen vorgenommen werden soll, obliegt dann jedoch dem verantwortlichen Ressort.

Selbstverständlich werden wir weiterhin Neueinstellungen vornehmen.

In den einzelnen Geschäftsbereichen bestehen jedoch unterschiedliche Bedarfe, die dort entsprechend zu ermitteln sind.

Wir stehen dafür in unseren Rechtsstaat zu investieren, nicht zu kürzen. Insbesondere im Bereich der Verkürzung der Verfahrensdauer und des Abtragens der Altverfahren wurden große Fortschritte erzielt. Dies gilt es insgesamt fortzusetzen.

Ja, Neueinstellungen sind aus unserer Sicht vor allem im Bereich der überalterten Arbeitsgerichtsbarkeit unumgänglich, weitere Bedarfe sehen wir in der Sozialgerichtsbarkeit. Die Zahl der Neueinstellungen muss sich nach dem Verfahrensaufkommen richten und wie viele RichterInnen den Dienst verlassen. Die Möglichkeiten der längeren Dienstausübung sind geschaffen worden; es hängt also weitgehend davon ab, wie viele Richterinnen und Richter, diese Möglichkeiten ergreifen werden.  Gleichwohl müssen die Neueinstellungen im richterlichen Dienst der vergangenen Jahre auch durch adäquate Neueinstellungen im nichtrichterlichen Dienst begleitet werden, damit nicht einzelne Kammern quasi ohne Geschäftsstelle arbeiten müssen.

Diese Frage ist bei unserem derzeitigen Kenntnisstand als Außenstehenden nicht leicht zu beantworten. Eine personelle Stärkung der Richterämter ist sicher zu begrüßen. Der Fokus muss auf einer realistischen Bedarfsermittlung in allen Bereichen liegen. Hierbei muss insbesondere der Fortschritt durch die Digitalisierung und die demographische Entwicklung im Fokus stehen. Ansonsten kann die Frage nicht beantwortet werden.

Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, erheblich mehr Neueinstellungen in den Bereichen insbesondere der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit als auch Strafgerichtsbarkeit vorzunehmen. So ist die Personalbedarfsplanung dahingehend zu reformieren, dass die sog. PEBB§Y-Software nicht nur die Neuzugänge des Vorjahres, sondern auch die Altfälle als auch weitere Faktoren wie z.B. vorhersehbare Neuzugänge (z.B. bei industriellen Großansiedlungen) berücksichtigt. Ein weiterer Ansatz sollte die Einbeziehung des durch die Gerichte selbst festgestellten Personalbedarfs sein, welcher zu berücksichtigen ist.

 


Frage 6

Richterlicher Bereitschaftsdienst

Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die durch die Ausweitung der Befassung des richterlichen Bereitschaftsdiensts entstehende Mehrbelastung zu kompensieren? Verfolgen Sie eine (weitere) Konzentration des richterlichen Bereitschaftsdiensts?

Wir halten die Konzentration des richterlichen Bereitschaftsdienstes nach dem Verdener Modell für sinnvoll. Die konkrete Ausgestaltung des Bereitschaftsdienstes liegt jedoch bei den Amtsgerichten selbst. Diese müssen darüber entscheiden. Einen erhöhten Personalbedarf sehen wir hier derzeit nicht. Sollte dieser eintreten, werden wir natürlich entsprechende Maßnahmen prüfen.

Um die Mehrbelastung durch die Ausweitung des richterlichen Bereitschaftsdienstes zu kompensieren, planen wir mehrere Maßnahmen. Zunächst wollen wir die personelle Ausstattung erhöhen, indem wir zusätzliche Richterstellen schaffen und bestehende Richter entlasten. Weiterhin setzen wir auf eine bessere organisatorische Struktur und Digitalisierung, um die Arbeitsabläufe zu optimieren. Eine (weitere) Konzentration des richterlichen Bereitschaftsdienstes lehnen wir ab.

Der richterliche Bereitschaftsdienst ist für die Gewährleistung von rechtsstaatlichen Verfahren von großer Bedeutung. Gleichzeitig darf die Ausweitung von Aufgaben zu keiner Überbelastung der jeweiligen Richter führen. Dies gilt es bei etwaigen Veränderungen zu berücksichtigen.

Zu den Fragen zum richterlichen Bereitschaftsdienst ist unsere Positionsbildung, insbesondere zur Konzentration des richterlichen Bereitschaftsdienstes, noch nicht vollständig abgeschlossen.

Im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und der Sicherstellung richterlicher Prüfung und Entscheidung von Maßnahmen auch zur Nachtzeit ist der richterliche Bereitschaftsdienst von hoher Bedeutung für das Funktionieren unseres Rechtsstaates. Für uns steht die richterliche Selbstorganisation im Rahmen der Ausgestaltung dieses Dienstes vor Ort im Fokus. Der Bereitschaftsdienst soll aber nicht zur Überlastung von Richter*innen und Richtern sowie des weiteren Personals führen.

Die Aufgaben des richterlichen Bereitschaftsdienstes sind in den vergangenen Jahren weiter ausgebaut worden, weil mehr Entscheidungen einer richterlichen Kontrolle unterliegen, was wir grundsätzlich befürworten. Gleichzeitig haben die für die Organisation der Gerichte zuständigen Organe der Länder für die sachliche und personelle Ausstattung der Gerichte zu sorgen, um eine wirksame präventive richterliche Kontrolle zu sichern. Das werden wir absichern. Eine weitere Konzentration des richterlichen Bereitschaftsdienstes lehnen wir ab. Unter Umständen sollte über fachlich bezogene Eildienste nachgedacht werden.

Ausgehend von der Entscheidung des zweiten Senates des Bundesverfassungsgerichtes (Beschluss vom 12. März 2019 – 2 BvR 675/14) scheint es dringend notwendig einen richterlichen Bereitschaftsdienst in den Gerichtsbezirken aufrecht zu erhalten und zu unterhalten. Eine weitere Ausdünnung ist unseren Erachtens nicht geboten, wenn man nicht die Staatsanwaltschaft und Strafverfolgungsbehörden nachhaltig bei der Erfüllung ihrer Pflichen behindern will. Da es Seitens der Verfassung geboten ist, ist auch der Mangel an Geld im Zweifel kein Argument. Mögliche Maßnahmen wären aus unserer Sicht durch Einstellung zusätzlicher Richter und Justizangestellter die Arbeitslast zu verteilen und Überlastungen zu vermeiden. Außerdem kann die Einführung von Schichtsystemen und die Optimierung der Dienstpläne helfen, die Arbeitszeiten besser zu verteilen und die Belastung gleichmäßiger zu verteilen. Neben bereits beschriebener Verbesserung der technologischen Unterstützung und der Schaffung psychologischer Unterstützung, sollten zusätzliche Vergütungen oder Anreize die Motivation erhöhen für die Übernahme von Bereitschaftsdiensten und die Bereitschaft zur Übernahme solcher Dienste fördern.

Wir sind dafür, zu dem Thema „Organisation des richterlichen Bereitschaftsdienstes“ ein Fachgespräch im Rechtsausschuss zu führen, um die beste Lösungsmöglichkeit zu finden. Insbesondere die Erfahrungen seit der Einführung des zentralisierten Eildienstmodells in Königs Wusterhausen seit dem 1. Januar 2022 sollten ausgewertet werden. Unseres Erachtens spricht aber viel dafür, den Eildienst aus der vorhandenen Richterschaft abzubilden, anstatt ausschließlich für den Bereitschaftsdienst tätige Richter zu beschäftigen.


Frage 7

(Bundeseinheitliche) Besoldung

Werden Sie sich dafür einsetzten, dass die Besoldung bundeseinheitlich geregelt wird, damit ein Wettbewerb um die besten Köpfe für die Justiz nicht über die Besoldung geführt wird? Welche Maßnahmen zur Sicherstellung einer amtsangemessenen Besoldung planen Sie, konkret: in welchem Umfang muss die R-Besoldung zum 1. Januar 2025 steigen, um das zu gewährleisten?

Eine bundeseinheitliche Besoldung hängt zunächst von einer entsprechenden Einigung zwischen Bund und Ländern ab. Hier ist aus unserer Sicht nur ein gemeinsames Vorgehen denkbar.

 

Die Besoldung ist entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und unter Berücksichtigung der mit den Dienstaufgaben verbundenen Verantwortung regelmäßig anzupassen.

Eine bundeseinheitliche R Besoldung erscheint auf den ersten Blick attraktiv, begegnet aber im konkreten Fall teils erheblichen Bedenken, vor allem im Hinblick auf die regional sehr unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in verschiedenen Bundesländern. Zudem steht sie im Widerspruch zum kompetitiven Föderalismus und schränkt die Handlungsfähigkeit Brandenburgs ein. Wir lehnen eine bundeseinheitliche Besoldung daher ab.

Wir werden uns durch eine Anhebung der R Besoldung dafür einsetzen, dass die Amtsangemessenheit der Besoldung von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten in Brandenburg gewahrt wird. Eine deutliche Anhebung der Besoldung außerhalb der regelmäßigen Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung ist dazu aus unserer Sicht unumgänglich.

Eine bundeseinheitliche Besoldung wäre vor dem Hintergrund gleicher Wettbewerbsbedingungen zwischen den Ländern und zwischen Land und Bund grundsätzlich wünschenswert, aber auch mit erheblichen zusätzlichen Belastungen für den Landeshaushalt verbunden. Daher sehen wir derzeit keine realistische Chance, diese Forderung durchzusetzen. Wir werden jedoch auch in Zukunft die Besoldung und Versorgung im Land Brandenburg, wie zuletzt im Juni geschehen, stetig anpassen. Eine amtsangemessene Besoldung wird dabei stets unser Maßstab sein.

Ja, wir unterstützen eine bundeseinheitliche Besoldung. Eine Abwerbung von Kräften über das Gehalt halten wir in diesem Bereich nicht für richtig und zielführend. (Zu überlegen ist jedoch zum Beispiel, ob für bestimmte Regionen in etwa Zuschläge aufgrund der Lebenshaltungkosten anzudenken sind.)

Jedoch arbeiten wir bis dahin weiter daran und sorgen dafür, dass Brandenburg weiter ein attraktiver Arbeitgeber ist.

Ja, DIE LINKE strebt eine bundeseinheitlich geregelte Besoldung an. Die unterschiedlichen Alimentierungen und auch Pensionsgrenzen sind eine Folge der Föderalismusreform, die DIE LINKE mindestens auf dem Gebiet des Personalrechts rückgängig machen möchte, um den Überbietungswettkampf zwischen dem Bund und den Ländern zu beenden. Zudem werden dadurch die Richterinnen und Richter an den gemeinsamen Fachobergerichten in Abhängigkeit vom Gerichtssitz noch unterschiedlich alimentiert.

Die Maßnahmen der Landesregierung zur Sicherstellung einer amtsangemessenen Besoldung sind bisher nicht ausreichend.

Justiz ist Ländersache ist und somit auch deren Besoldung. Eine bundeseinheitliche Regelung wäre wünschenswert, ist aber unrealistisch, da es den Wettbewerb um die Köpfe zwischen den Ländern tatsächlich gibt. Brandenburg hat in seiner Besoldung durch die letzte Tarifrunde und das Vorziehen der geplanten Erhöhungen etwas aufgeholt. Trotzdem sollte im Vergleich zu anderen Bundesländern noch etwas mehr möglich sein. Um eine amtsangemessene Besoldung zu gewährleisten sollte die R-Besoldung in Brandenburg entsprechend den aktuellen Lebenshaltungskosten und dem Bundesdurchschnitt angepasst werden. Hier ist eine detailierte Berechnung notwendig. Das Land könnte zusätzlich beschließen, jenseits der Besoldung bessere Konditionen zu bieten, wie geldwerten Vorteile materieller, aber nichtfinanzieller Art. Es wäre auch möglich Zulagen für besondere Aufgaben oder Fortbildungsmöglichkeiten einzuführen.

Die Zuständigkeit der Justiz in erster und zweiter Instanz liegt grundsätzlich bei den Bundesländern und damit auch die Hoheit der Festlegung der Höhe der Besoldung. Aber im Rahmen der Justizministerkonferenzen könnte eine Abstimmung und ggf. Einigung über eine Empfehlung der Höhe der Besoldung durch die jeweiligen Justizminister getroffen werden, die zu einer faktischen Gleichsetzung der Gehälter führen könnte. Aber eine zentralisierte Vorgabe würde rechtlich nicht möglich sein.


Frage 8

Widerspruchswelle

Wie planen Sie, mit der Widerspruchswelle gegen die Höhe der RBesoldung umzugehen? Werden Sie eine Zusage abgeben, dass nach einer etwaigen verfassungsgerichtlichen Entscheidung, mit der eine ungenügende Besoldung festgestellt wird, eine Nachzahlung auf alle Besoldungs- und Versorgungsempfänger, unabhängig von der Einlegung eines individuellen Widerspruchs übertragen wird?

Nach einer etwaigen verfassungsgerichtlichen Entscheidung würden Absprachen mit dem Finanzministerium zum weiteren Umgang mit der Thematik notwendig, denen wir an dieser Stelle nicht vorgreifen wollen.

Wir werden uns selbstverständlich mit einer etwaigen verfassungsgerichtlichen Entscheidung auseinandersetzen und die Konsequenzen für das Land Brandenburg prüfen und entsprechende Schritte einleiten.

Hier ist zunächst die verfassungsgerichtliche Entscheidung abzuwarten. Wir werden uns mit dieser kurzfristig und intensiv auseinandersetzen, die entsprechenden Schlüsse ziehen und entsprechende Maßnahmen treffen. Dazu wollen wir den Austausch mit den Verbänden suchen.

Ja, DIE LINKE hatte dazu in der Sitzung des Landtages am 19.- 21.06.24 zum Besoldungsgesetz einen entsprechenden Antrag (7/9817) mit dem wir die Landesregierung aufforderten, die verfassungsgemäße Alimentation sicher zu stellen und auf das Erfordernis von einzelnen Widerspruchsverfahren zu verzichten, wenn die Besoldung aufgrund anhängiger Gerichtsverfahren zwar streitig, aber noch nicht abschließend geklärt ist.

Die Frage stellt sich hier, inwieweit dies mit den tariflichen Vereinbarungen abgedeckt ist. Wir tendieren zu einer pauschale Regelung. Sie würde sowohl den bürokratischen Aufwand mildern als auch für das Land eine bessere Planbarkeit bedeuten und sicherstellen, dass alle Betroffenen gerecht behandelt werden. Es käme dabei aber auch stark auf die Begründung eines derartigen Urteiles an, welche erst einmal studiert werden müsste.

Im Falle der verfassungsgerichtlichen Feststellung der ungenügenden Besoldung sind unser Auffassung nach sämtliche Besoldungs- und Versorgungsgeldempfänger -unabhängig von der individuellen Einlegung eines Widerspruches- mit einer entsprechenden Nachzahlung zu versehen. Dies ist unseres Erachtens eine Selbstverständlichkeit, wurde durch die bisherigen Landesregierungen - wie im Falle der sog. Altanschließer - jedoch rechtsfehlerhaft nicht praktiziert.

 


Frage 9

Digitalisierung der Justiz

Welche Konzepte verfolgen Sie, um die personelle Ausstattung des ZenIT seinen Aufgaben entsprechend sicherzustellen. Welche Maßnahmen sind Ihrer Meinung nach noch notwendig, damit die bundesgesetzlich vorgeschriebene flächendeckende Einführung der eAkte in der Justiz zum 1. Januar 2026 gelingt?

Wir sehen die flächendeckende Einführung der eAkte auf einem guten Weg. Hinsichtlich der personellen Ausstattung des ZenIT wird auf die Beantwortung der Frage 4 verwiesen.

Die Fortentwicklung der Digitalisierung der brandenburgischen Justiz ist eines unserer Kernanliegen der nächsten Jahre. Um eine "Waffengleichheit" innerhalb der dritten Gewalt mit der Anwaltschaft oder den Rechtsabteilungen von Unternehmen zu gewährleisten, ist eine moderne und digitalisierte Ausstattung unumgänglich. Demzufolge sind die Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte entsprechend auszustatten und die Arbeitsplätze zu modernisieren. Wir befürworten einen Digitalpakt für die Justiz zwischen Bund und Ländern, um die technische Ausstattung der Justiz deutlich und schnell zu verbessern.

Die Einführung und Nutzung der elektronischen Akte in der brandenburgischen Justiz war eines der zentralen Großprojekte in dieser Legislatur. Den flächendeckenden Einsatz der eAkte in Zivilsachen konnten wir bei allen Gerichten stark vorantreiben. Bei Strafsachen gilt es die Fortschritte auf weitere Staatsanwaltschaften auszuweiten. Vor allem bei der Einführung der E-Akte an den Fachgerichten müssen wir nach Abschluss der geplanten Pilotierung am Finanzgericht Berlin-Brandenburg zügig zur Umsetzung kommen. Es wird daher weiterhin einer großen Kraftanstrengung bedürfen, damit die flächendeckende Einführung der elektronischen Akte in der Justiz bis 2026 gelingt.

Im Rahmen der Digitalisierung der Justiz und insbesondere bei der Einführung der eAkte konnten wir große Fortschritte, auch mit Hilfe des Zukunftsinvestitionsfonds, der durch uns Bündnisgrüne angestoßen wurde, erzielen. Diese gilt es weiter mit Nachdruck hoher Intensität voranzutreiben.

Einen zentralen Faktor hierfür bildet ein auf der Höhe der Zeit ausgestattetes und personell gut aufgestelltes ZenIT.

Wir halten es insgesamt für erforderlich, gerade in unseren Rechtsstaat zu investieren. Auch vor diesem Hintergrund ist es geboten, die Schuldenbremse grundsätzlich zu überarbeiten. Investive Maßnahmen müssen möglich sein.

Die personelle Stellenausstattung des ZenIT halten wir für ausreichend. Allerdings gibt es Probleme bei der Stellenbesetzung, gerade angesichts der Herausforderungen. Hierfür gibt es mittlerweile entsprechende Ansätze, über die Vergütung verbesserte Anreize zu schaffen. Wir halten eine Konzentration von allen Aktivitäten zur Digitalisierung innerhalb der Landesverwaltung bei einem zentralen Anbieter für förderlich. Das zeigen die Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern. Beide IT-Dienstleister im Land Brandenburg haben die gleichen Probleme bei der Stellenbesetzung.

Zum einen würden wir die Einstellungsvoraussetzung für IT-Fachkräfte anpassen. Ein abgeschlossenes Studium sollte nicht die Voraussetzung sein. Es gibt inzwischen jede Menge hervorragender IT-Fachkräfte, die keinen Hochschulabschluss haben. Zum anderen sollte eine IT-Fachkraft eine IT-Fachkraft und keine Verwaltungsfachkraft sein. Der Dienst ist für IT-Fachkräfte derart abschreckend, dass derzeit kaum wirklich gute IT-Fachkräfte freiwillig in diesen Institutionen arbeiten möchten. Das muss dringend geändert werden. Zu attraktive Arbeitsbedingungen gehören u.a. wettbewerbsfähige Gehälter, flexible Arbeitszeiten und Möglichkeiten zur Weiterbildung. Bei Fragen dazu wäre unser Experte auf diesem Gebiet Sascha Guido Zumbusch gerne zu einem Gespräch bereit.
 Zur Einführung der e-Akte steht zu befürchten, dass die Landesvorgaben zum Thema den speziellen Anforderungen der Justiz entgegenstehen. Ein Fachkonzept, welches von Fachleuten aus der Justizverwaltung entwickelt wurde, sollte die Grundlage der Umsetzung sein. Es könnte sich auch lohnen, zu schauen, welche Konzepte andere Justizverwaltungen fahren. Technische Probleme sind recht einfach zu beheben. Konzeptionell muss die Sache stimmen und ohne Einmischung von fachfremden "Häuptlingen" realisiert werden. Das ist machbar, wenn es wirklich gewollt ist.

Die flächendeckende Einführung er elektronischen Akte (eAkte) in der Justiz ist notwendig, sinnvoll, aber mehrere Jahre zu spät. Jedoch hat dies nichts mit dem unserer Auffassung nach nicht notwendigen eigenen zentralen IT-Dienstleister der Justiz (ZenIT) zu tun. Die notwendigen Aufgaben hätten durch eine Abteilung des Justizministeriums zusammen mit dem Zentralen IT-Dienstleister des Landes Brandenburg (ZIT-BB) insgesamt effizienter und kostengünstiger erfolgen können. Auch in anderen Bereichen des Landes Brandenburg werden elektronische Akten (z.B. Zentraldienst der Polizei) eingeführt, so dass der ZenIT keinen Mehrwert erbringt und nur zu Dopplungen führt.

 


Frage 10

Weisungsrecht des Justizministers

Welche Position vertritt Ihre Partei zum externen Weisungsrecht des Justizministers in staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren?
Wollen Sie die Möglichkeit einer gezielten politischen Einflussnahme auf rechtsstaatliche Verfahren beibehalten oder setzen Sie sich mit dem Deutschen Richterbund für eine zeitnahe Abschaffung ein?

Die Staatsanwaltschaft ist nach dem Gerichtsverfassungsgesetz den Gerichten zugeordnet und Teil der Justiz. Sie nimmt als Institution eigener Art keine typische Behördenfunktion wahr, sondern gehört zum Funktionsbereich der Rechtsprechung.

 

Dieser Sonderstellung der Staatsanwaltschaften im Staatsgefüge ist in der Praxis dadurch angemessen Rechnung getragen, dass in anhängigen Ermittlungsverfahren von der Möglichkeit eines externen Weisungsrechts nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht wird. Fachaufsicht ist die Kontrolle der Richtigkeit der Dienstausübung – mithin keine politische Kontrolle. Eine Weisung kommt deshalb nur in Betracht, wenn der zuständige Generalstaatsanwalt gegen eine rechtsfehlerhafte staatsanwaltschaftliche Sachbehandlung zu Unrecht nicht einschreitet. Die Weisungskompetenz der Justizministerin im Bereich der Strafrechtspflege folgt aus dem Grundprinzip der parlamentarischen Verantwortlichkeit. Der demokratische Rechtsstaat setzt parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung als oberstem Organ der vollziehenden Gewalt voraus. Eine solche parlamentarische Verantwortlichkeit ist nur bei grundsätzlicher Weisungsgebundenheit der nachgeordneten Exekutivorgane möglich; dies ist ein Gebot der demokratisch-rechtsstaatlichen Verfassung. Insoweit sind aus Sicht der CDU keine Änderungen an dem Weisungsrecht erforderlich.

Das Weisungsrecht der Justizminister stammt aus dem vorletzten Jahrhundert und ermöglicht es ihnen, auf konkrete Ermittlungen der Staatsanwaltschaften durchzugreifen. Wir setzen uns dafür ein, das Weisungsrecht der Justizminister abzuschaffen.

Die Abschaffung des Weisungsrechtes kann nur durch eine Änderung des GVG erreicht werden. Hierfür ist der Bundestag zuständig. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass das externe Weisungsrecht der/des Justizministerin/s in staatsanwaltschaftlichen  Ermittlungsverfahren im Einzelfall auch in der SPD nicht unkritisch betrachtet wird.
Wir unterstützen den Richterbund gerne, dazu weitere Gespräche mit der Bundesebene zu führen.

Politische Eingriffe in die Strafrechtspflege lehnen wir ab. Bis zu einer Abschaffung oder Eingrenzung der ministeriellen Einzelfallweisungen wollen wir daher in Brandenburg vorangehen: Durch eine Selbstverpflichtung des Justizministeriums sollen Einzelfallweisungen an die Staatsanwaltschaft nur noch zur Abwendung rechtswidriger Maßnahmen und nur noch mit schriftlicher Begründung ergehen.

DIE LINKE lehnt das externe Weisungsrecht in staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren ab und setzt sich für eine Abschaffung des externen Weisungsrechts ein. Die Bemühungen dazu gibt es bereits seit 2013. Aus unserer Sicht sind dabei nur bundeseinheitliche Lösungen vorstellbar. Diese sollten in der Justizministerkonferenz erarbeitet werden.

Eine Abschaffung politischer Einflussnahme ist für uns ein legitimes Ziel. Das sich das Justizministerium weisend in staatsanwaltliche Ermittlungen einmischt, öffnet Korruption und Protektionismus Tür und Tor! Wir wissen aber auch, dass in der Verfassung eine staatsanwaltschaftliche Unabhängigkeit nicht vorgesehen ist. Durch das externe Weisungsrecht soll die demokratische Legitimation der Staatsanwaltschaft gesichert werden. Es dient der parlamentarischen Kontrolle. Man muss daher die institutionelle Stellung der Staatsanwaltschaft insgesamt reformieren, dabei aber die Vereinbarkeit mit dem Demokratieprinzip sicherstellen. So könnte man das Weisungsrecht auf bestimmte Fälle beschränken oder es an strenge Bedingungen zu knüpfen, um Missbrauch zu verhindern.

Wir setzen uns schon seit Jahren für die Abschaffung des Weisungsrechtes der Justizminister gegenüber den Staatsanwaltschaften ein und haben dies auch in parlamentarischen initiativen sowohl auf Bundesebene (DRS 19/6022) als auch Landesebene (DRS 7/682) bereits zur Debatte gestellt. Auch in der folgenden Legislatur werden wir uns für die Abschaffung des Weisungsrechtes einsetzen.