Pressemeldung Nr. 2/15

Personalbedarfsplanung überarbeiten, Einsparungen jetzt stoppen

Nicht nur bei der Polizei, auch bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften ist die Personalbedarfsplanung längst durch die Lebenswirklichkeit überholt. Die Evaluierung der Polizeireform hat gezeigt, dass der prognostizierte Rückgang der Gesamtkriminalität in Brandenburg nicht eingetreten ist. Eine ebenso unzutreffende Prognose liegt auch den Stellenstreichungsplänen in der Justiz zugrunde.

Hierzu der Landesvorsitzende des Deutschen Richterbundes Matthias Deller:

„Die Anzahl der Stellenstreichungen bei der Justiz ist aus der Luft gegriffen und soll an der Belastungsrealität vorbei umgesetzt werden. Der zur Rechtfertigung angeführte demografische Wandel im Land erklärt die Kürzungen nicht. Eine Entlastung für die Justiz ist in den nächsten Jahren nicht in Sicht. Die Aufgaben der Gerichte und Staatsanwaltschaften werden vielmehr auch durch den demografischen Wandel eher zunehmen."

Der damalige Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts Wolf Kahl hat in einem Rundschreiben an alle Mitarbeiter vom 16. Juni 2015 zur Personalsituation der ordentlichen Gerichtsbarkeit festgestellt, dass es in seiner Gerichtsbarkeit im tatsächlichen Personaleinsatz schon im Jahr 2015 keine Überhänge gibt, die für Personalreduzierungen herangezogen werden könnten. Er führt zusammengefasst aus:

„Beim richterlichen Dienst entspricht die tatsächliche Personalverwendung nahezu exakt dem ermittelten Personalbedarf. Im gehobenen Dienst bleibt die tatsächliche Personalverwendung um 6,09 Vollzeitkräfte hinter dem Personalbedarf zurück. Im mittleren Dienst ist der Personalbedarf um 29,06 Vollzeitkräfte untererfüllt. Im einfachen Dienst besteht eine Unterdeckung in Höhe von 25,94 Vollzeitkräften."

Also fehlen schon heute allein in der ordentlichen Gerichtsbarkeit jeden Tag in den Gerichten des Landes rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für eine auskömmliche Personalausstattung. Hierzu Matthias Deller:

„Angesichts dieser Situation kann sich das Land Brandenburg weitere Personaleinsparungen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften nicht mehr leisten! Eine funktionierende, schnell entscheidende und nur damit wahren Rechtsschutz bietende Justiz ist wichtig als Standortfaktor für unser Land! Die Mitarbeiter der Gerichte und Staatsanwaltschaften arbeiten bereits jetzt mit höchstem Einsatz und am persönlichen Limit - genau dies hat auch der Justizminister Dr. Markov in seinem Schreiben an alle Mitarbeiter der Justiz vom 9. Juni 2015 festgestellt."

Der Deutsche Richterbund begrüßt ausdrücklich die in diesem Jahr vorgesehene Neueinstellung von zwölf Proberichterinnen und Proberichtern in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und in der Sozialgerichtsbarkeit. Diese jungen Kolleginnen und Kollegen werden an den Gerichten dringend benötigt, um die Leistungsfähigkeit der Brandenburger Justiz auch in Zukunft zu erhalten. Also ein erster Schritt in die richtige Richtung. Mehr jedoch nicht. Eine „massive Verstärkung" der Gerichte sieht anders aus. Eine Verstärkung der Justiz verträgt sich insbesondere nicht mit einem gleichzeitigen massiven Stellenabbau. Der im letzten Monat vom Landtag beschlossene Doppelhaushalt 2015/2016 legt fest, dass bis zum Jahr 2018 insgesamt 90 Stellen für Richter und Staatsanwälte im Land Brandenburg ersatzlos entfallen. Hierzu der Landesvorsitzende des Deutschen Richterbundes Matthias Deller:

„Es reicht. Weitere Stellenstreichungen sind Gift für den Rechtsstaat. Der Sparbeitrag der Justiz ist längst erbracht. Jede weitere gestrichene Stelle - egal in welcher Laufbahn - erhöht die Aktenberge in den Gerichten und Staatsanwaltschaften und lässt die Bürger im Land noch länger auf ihr Recht warten. Neueinstellungen sind das Gebot der Stunde. Also: Schluss mit Stellenkürzungen in der Justiz!"

Die vom Landtag beschlossenen Personalkürzungen bedeuten für die vier Landgerichte, dass in den nächsten Jahren jede vierte Zivil- und Strafkammer geschlossen werden muss. Ab dem Jahr 2016 wird kein ausscheidender Vorsitzender Richter mehr ersetzt. Die unerledigten Fälle werden die verbleibenden Kammern zusätzlich belasten. Auch die Staatsanwaltschaften und Amtsgerichte können es nicht verkraften, dass in den nächsten Jahren alle frei werdenden Stellen gestrichen werden.