Verband:
Der Deutsche Richterbund (DRB) ist der mit Abstand größte Berufsverband der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Deutschland. Über seine 25 Mitgliedsvereine gehören ihm mehr als 16.000 Mitglieder an. Der DRB gehört zum Kreis der Spitzenorganisationen des öffentlichen Dienstes.
Der Deutsche Richterbund bezweckt unter Ausschluss parteipolitischer Betätigung die Förderung der Gesetzgebung, der Rechtspflege und der Rechtswissenschaft, die Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit und der unparteiischen Rechtsprechung sowie die Förderung der beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.
Entsprechend setzt sich der Deutsche Richterbund gleichermaßen für die Sicherung und den Ausbau des freiheitlichen und sozialen Rechtsstaats wie für die unmittelbaren beruflichen und sozialen Probleme der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ein. Er vertritt die Interessen der Mitglieder gegenüber Dienstherren, Parlamenten und Öffentlichkeit und nimmt durch regelmäßige Stellungnahmen zu rechts- und berufspolitisch wichtigen Gesetzesvorhaben maßgeblich Einfluss auf die Gesetzgebung in Bund und Ländern.
Positionen:
Eine funktionierende, schnell entscheidende und nur damit wahren Rechtsschutz bietende Justiz ist zentraler Standortfaktor für unser Land!
1. Der Stellenabbau in der Justiz muss daher gestoppt werden.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gerichte und Staatsanwaltschaften arbeiten mit hohem Einsatz und am persönlichen Limit. Weitere Kürzungen der Stellenzahl kann die Justiz nicht mehr verkraften.
Die Justiz gewährleistet den verfassungsrechtlich garantierten Justizgewährungsanspruch der Bürger und kann ihre Aufgabenwahrnehmung nicht nach Kassenlage gestalten. Das gesetzlich normierte Aufgabenfeld, der Aufgabenumfang und die Art und Weise der Bewältigung stehen nicht zur Disposition. Die regelmäßig von der Politik gefeierte Landesverfassung begründet in Artikel 52 Absatz 4 die Verpflichtung des Staates, sämtliche notwendigen Maßnahmen zu treffen, damit Gerichtsverfahren zügig beendet werden können. Leider erlaubt sich das Land Brandenburg schon heute in manchen Arbeitsbereichen der Justiz eine schlechte Personalausstattung, die durch die motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz nicht mehr kompensiert werden kann.
Der jahrelange Personalabbau hat zum Aufwuchs von Aktenbeständen geführt, durch die die Verfahrenslaufzeiten dramatisch und für den Bürger unzumutbar angestiegen sind. Krankheits- und schwangerschaftsbedingte Ausfälle können bereits jetzt ebensowenig kompensiert werden wie Pensionierungen. Brandenburg liegt bei den Verfahrenslaufzeiten bei den Landgerichten nicht nur deutlich über dem Bundesdurchschnitt, die Verfahren brauchen im Vergleich zu anderen Bundesländern derzeit sogar doppelt so lange!
Auch der demografische Wandel im Land rechtfertigt einen weiteren Stellenabbau nicht. Denn die Aufgaben der Gerichte und Staatsanwaltschaften werden durch den demografischen Wandel künftig sogar zunehmen. Eine alternde Bevölkerung mag möglicherweise weniger Straftaten verüben. Dafür wird z. B. die Anzahl der in den letzten Jahren bereits spürbar angestiegenen arbeitsintensiven Betreuungsverfahren, die wegen der gestiegenen Lebenserwartung der Bevölkerung auch zunehmend länger andauern, weiter steigen. Ebenso verursacht die Regelung eines Nachlasses erheblichen personellen Aufwand bei den Amtsgerichten.
Unverständlich ist auch, dass die Landesregierung wegen der angespannten Sicherheitslage einen erhöhten Personalbedarf nur bei der Polizei anerkennt, nicht aber bei der Strafjustiz. Dies gefährdet eine effektive Strafverfolgung.
Die Justiz – und insbesondere auch die ordentliche Gerichtsbarkeit und die Staatsanwaltschaften – haben in den Jahren 2005 bis 2017 einen ganz erheblichen Anteil an den Stelleneinsparungen des Landes erbracht. Insgesamt sind 623 Stellen abgebaut worden, was einem Personalabbau von 17 % entspricht. Dies ist mehr als in anderen Bereichen der Landesverwaltung eingespart wurde, obwohl gerade die Justiz auf den Umfang und Eingang ihrer Aufgaben keinen Einfluss hat. In den Jahren 2017 bis 2020 soll die Justiz nochmals 7 % ihres Personals abbauen, während zum Beispiel die Finanzverwaltung, die von der räumlichen Struktur und Gesamtpersonalgröße mit uns vergleichbar ist, nur 4 % und das Land insgesamt nach „Bereinigung“ um die Herausnahme der Stellen der Hochschulen gerade einmal die Hälfte, nämlich 3,5 % ihres Personals einsparen soll. Die Justiz soll daher aus nicht nachvollziehbaren Gründen das Doppelte des Landesdurchschnitts einsparen. Dies ist nicht hinzunehmen.
2. Zugleich ist dem Überalterungsprozess in der Justiz entgegenzuwirken. Wir brauchen dringend geeigneten Nachwuchs.
Das Durchschnittsalter des richterlichen Personals im Land Brandenburg liegt derzeit bei 52 Jahren. In den nächsten 15 Jahren werden etwa 700 der rund 1000 Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in den Ruhestand gehen. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Nachwuchsjuristen mit Befähigung zum Richteramt kontinuierlich. Schon heute ist es trotz Absenkung der Einstellungsvoraussetzungen bundesweit schwierig, Stellen zu besetzen. Dies wird sich in den kommenden Jahren verschärfen, weil gerade die ostdeutschen Bundesländer zeitgleich viele Stellen nachzubesetzen haben. Bereits jetzt haben westliche Bundesländer, die große altersbedingte Abgänge verzeichnen, Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Gerade in den Randgebieten des Landes Brandenburg wird die Gewinnung geeigneten Personals zu einer großen Herausforderung, die bereits jetzt in Angriff zu nehmen ist. Nicht erst dann, wenn es zu spät ist!
Die Justiz in Deutschland steht von einer riesigen personellen Umwälzung. Dem kann nur mit der sofortigen Schaffung von Einstellungsmöglichkeiten gemessen am künftigen Bedarf im Umfang von pro Jahr mindestens 30 Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, durch eine Flexibilisierung des Ruhestandseintritts und der Steigerung der Attraktivität der Justiz begegnet werden. Dazu zählen unter anderem die Rückkehr zur bundeseinheitlichen Besoldung, die Schaffung familienfreundlicher Arbeitsstrukturen und eine personelle und sachliche Ausstattung von Gerichten und Staatsanwaltschaften nach ihrem tatsächlichen Bedarf.
3. Die Einführung der elektronischen Akte muss professionell und mit Personalverstärkung erfolgen.
Die Einführung der elektronischen Akte, die bis zum Jahr 2026 zu erfolgen hat, bringt große Herausforderungen mit sich. Um eine Digitalisierung aller gerichtlichen Abläufe zu erreichen, ist eine Vielzahl von Komponenten zu berücksichtigen - von einem funktionierenden IT-System über eine entsprechende Computerausstattung und ein erfolgreiches Akzeptanz- und Gesundheitsmanagement. Diese Herausforderung kann die Justiz des Landes Brandenburg nur mit ausreichender personeller und sachlicher Unterstützung zukunftsfähig bestehen. Das Ausmaß der Umwälzungen in der Justiz wird von der Landesregierung bisher verkannt oder zumindest erheblich unterschätzt.
So ist beispielsweise die Entscheidung, eine neue IT- Behörde für die Justiz (Zenit) ohne Aufbringung wesentlicher zusätzlicher personeller Mittel zu errichten, unter keinem Gesichtspunkt nachvollziehbar und gefährdet die Digitalisierung der Justiz. Wir erwarten eine angemessene Personalausstattung des Zenit. Hierzu sind einige Dutzend neuer Stellen dringend notwendig, auf denen – wie beispielsweise in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes - entsprechende Spezialisten außergesetzlich besoldet und außertariflich vergütet werden können. Das Land Brandenburg muss sich endlich von dem Irrglauben verabschieden, IT-Projekte diesen Ausmaßes mit vorhandenem Fachpersonal meistern zu können. Die Justizmitarbeiter sind damit notgedrungen überfordert und müssen wichtige Aufgabenstellungen in den Gerichtsbarkeiten unerledigt zurück lassen.